21.06. 2003, 00.00 Uhr  Es geht los. Die ersten km laufen recht fix, in einer Gruppe von ~20 Leuten fahren wir meist vorn. Die Gruppe dünnt bei den ersten Steigungen aus und nun fahren wir schon fast allein. Es fängt wieder an zu regnen, aber wir sind schon mit Regenjacken gestartet. Die Steigungen sind moderat, das dritte Kettenblatt bleibt vorerst ungenutzt.

Beim Stop in Oppdal ziehe ich ein Skiunterhemd unter und wir füllen die Wasserflaschen und Bananen auf. Die Schuhe sind trotz angeblich wasserdichter Überschuhe total durchgeweicht und die Füße kalt.

 

Vor dem Start: Helmut, Sven und Klaus
 (von rechts)

Trondheim -> Oslo / Styrkeproven  - 3

Auf zur Stärkeprüfung ...

Die Fahrräder auf dem Dach fahren wir vom Camping Platz zum Start. Mit unserem Service-Car haben wir einen Treffpunkt in Oppdal nach ~120km verabredet, entsprechend schmal ist unsere mitgenommene Verpflegung. Es starten ca. 200 Teilnehmer mit uns zusammen. Eine tolle Stimmung am Start, es ist fast noch hell.

 

 

Weiter geht es, nun die Berge hinauf. Bei km 138 ein Unfall, Helmut und Sven haben sich mit ihren Rädern verhakt und Sven fällt hin. Ein Vorderrad und ein Hinterrad müssen ausgetauscht werden, wie gut, dass wir 2 zusätzliche Laufradsätze mit hatten und unser Service-Auto in der Nähe war.

Es nieselt, weil wir durch die Wolken fahren. Links und rechts die schnee-bedeckten Berge des Dovrekjvell und immer noch geht es bergauf. Wir 3 fahren jeder unser eigenes Tempo und damit allein den Berg hinauf. Um den Puls nicht zu hoch zu bringen, wird das dritte Kettenblatt öfters genutzt.

Ab Hjerkinn geht es die Hochebene entlang; das Nieseln hat fast aufgehört, dafür bläst ein unangenehmer Wind von vorn rechts und kühlt uns aus. Durch größeren Kraftaufwand schließe ich auf Sven wieder auf und wir rasen den Berg hinunter nach Dombas, unserer ersten offiziellen Verpflegungsstation in einem Cafe.

Nieselregen, nasse Straßen und schneebedeckte Berge

Die Abfahrt hat uns noch weiter ausgekühlt, besonders die Füße fühlen sich an wie Eisklumpen. Wir wärmen uns im Cafe bei Müsli, Brot und heißem Kaffee wieder auf und fahren nach 40 Minuten Pause weiter. Nur 20 km später falle ich in einen Sekundenschlaf und wäre fast in eine Leitplanke gefahren.

Bei nächster Gelegenheit lege ich mich auf die Wiese und schlafe sofort ein. Nach 30 Minuten weckt mich Sven und weiter geht’s. Mein rechtes Knie fängt an zu schmerzen (Sehnenscheiden-Entzündung), die Unterkühlung von der Vätternrundan rächt sich.

Bei Kuam steht unser Service Car und ich habe erste Gedanken ans Aufgeben. Es hat aufgehört zu regnen, wir wechseln in trockene Klamotten und die Stimmung ist wieder etwas besser. Wir fahren weiter.

 

ç Nach der Pause
in Kuam geht es weiter nach Lillehammer

In Lillehammer scheint die Sonne é, in der Verpflegungsstation füllen wir unsere Vorräte wieder auf. In einer Seitenstraße parkt unser Service-Car und wir schlafen 3 Stunden fest im Caravan. Als ich aufstehe, ist Sven schon weg und Helmut sagt mir, Sven würde sich abmelden und nicht mehr weiterfahren. Ich wechsele noch den Radsatz auf die 25’er Reifen, weil ich durch die gute Seite von Gernot Bohn auf schlechten Straßenbelag hinter Lillehammer vorbereitet bin.

Da ich aufgrund meines lädierten Knies der Langsamste bin,  fahre ich schon allein los. Hinter Lillehammer wird es bergig, das dritte Kettenblatt wird häufig genutzt – auch weil ich mein rechtes Knie schonen will. Es fängt wieder an, heftig zu regnen.

Bei der 12% Abfahrt vor Moelv werde ich von einem Norwegern überholt, den ich beim folgenden Anstieg wieder einhole, bergab ist er wieder schneller. Beim nächsten Anstieg kommen wir ins Gespräch. Kjell fährt die Styrkeproven zum fünften Mal, in 2002 hatte er nur 17 Stunden gebraucht, in 2003 hat er aber nur 900km trainiert, was sich nun nach seiner Meinung rächt. Wir beschließen, die letzten 175km gemeinsam zu fahren.

 

Ich trete nur noch im Schongang, damit mein Knie nicht wieder schmerzt; der Puls erreicht kaum die 120, der Schnitt liegt bei 100. Mit Kjell wechsele ich mir die Führung ab, bei uns lutscht ein Dritter Windschatten. Auf dem Parkplatz hinter Kolomen steht unser Service Car und ich ziehe die nassen Klamotten aus (kompletter Umzug incl. Schuhe und Strümpfe). Da es nicht mehr regnet, ziehe ich die Regenjacke aus und die Winterjacke an.

Es ist so dunkel, dass ich nicht einmal mehr den Tacho ablesen kann. Die Strecke beginnt eintönig zu werden, Müdigkeit kommt erneut auf.  Die warme Suppe und der Kaffee in Minnesund bauen wieder auf.

Der Stop bei Ringebu fällt recht kurz aus, das Knie schmerzt so stark, dass ich nur noch mit links trete. Sven bietet mir seinen Windschatten an. Wir müssen mehrere kurze Pausen bis Lillehammer machen. Bei einer Pause überholt uns eine Gruppen von ca. 50 Radfahrern; die sind 7 Stunden nach uns gestartet und haben uns nach nur 15 Stunden schon eingeholt ... Sven spürt jetzt die Folgen seines Sturzes.

Die Strecke führt hinter Moelv wieder auf die E6, die hier autobahnähnlich ausgebaut ist. Es gibt lange bergauf Passagen gefolgt von genauso langen bergab Strecken. Die E6 nervt mit aufgerautem Asphalt an der Seite; die Fahrbahn wird von den Autos benutzt. Kjell scheint die Strecke auswendig zu kennen, sicher wechselt er zwischen Fahrbahn und Seitenstreifen; die dicken Reifen federn das Schlimmste ab.

 

ç Verpflegungsstation Rudshøga 

Helmut und Sven sind doch weitergefahren und fahren vor uns im Depot wieder ab (sie sind an uns während meines Umziehens vorbeigefahren).

 

Sven u. Helmut beim Sonnenaufgang an der letzten Station: Kløfta  è

 

Die Strecke von Minnesund bis Klöfta zieht sich unheimlich hin, das Rauf und Runter nimmt zu, dafür kehren wir der E6 den Rücken. Die Schmerzen im rechten Knie bleiben auf konstant aushaltbarem Level, ich treten meist an den Steigungen mit links.

Endlich erreichen wir Kløfta und Kjell ist ziemlich fertig. Er legt sich für eine Viertelstunde auf eine Bank. Ich wecke ihn wie verabredet und weiter geht es dem Ziel entgegen.

Davor sind aber 2 Steigungen, die richtig an die restliche Substanz gehen, zuerst die 6% Steigung mit kurzen 10% Peaks und dann eine demoralisierende Autobahnsteigung. Demoralisierend, weil das Ende in weiter, weiter Ferne ist und nicht näher zu kommen scheint.

In Oslo angekommen, zieht sich die Zieleinfahrt noch dahin, mein Tacho zeigt schon mehr als 540km. Da ich die letzten 180km im Schongang gefahren bin, habe ich noch ausreichend Kraftreserven und erreiche das Ziel recht gut gelaunt, Kjell ist ziemlich fertig.

 

 

 

 

ç Sven u. Helmut im Ziel

22.06. 2003, 05.51 Uhr

Jetzt war die Zeit egal, ich war überglücklich, dass das Knie die 250km mitgemacht hatte - bis zum Schluss war ich am Zweifeln. Auch hatte ich eine Woche vorher die 300 Vätternrundan Kilometer gefahren, und das noch fast mit Antibiotika.

Aber nach der Tour ist das alles vergessen und es bleibt das Hochgefühl: Ich habe es geschafft!

Und ich habe mich gefreut, dass Sven doch noch weitergefahren ist und es auch geschafft hatte!

 

 

Einlauf im Ziel nach 540km,
Kjell (gelb) und Klaus (rot)
è

 

 

Mein besonderer Dank gilt unseren Service Car Fahrern Heiko und Ralph, die zuverlässig zur Stelle waren, wann immer sie gebraucht wurden.

Das Fahren im Service Car ist mindestens so anstrengend wie das Fahrrad Fahren, im Service Car ist man aber auf sich alleine gestellt.

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